„Ich hatte nie das Gefühl, ich hätte da einen Nachteil, weil ich schwarz bin“.

Seit Anne Chebu sich zurückerinnern kann, war ihr großer Traum, vor der Kamera zu stehen. Als kleines Mädchen ahmte sie vor dem Spiegel ihr Vorbild Arabella Kiesbauer nach: „Ich wollte damals immer wie sie werden. Das war die einzige Schwarze im deutschen Fernsehen.“ Dass sie esnicht schaffen könnte, kam der selbstbewussten jungen Frau nie in den Sinn. „Ich hatte nie das Gefühl, ich hätte da einen Nachteil, weil ich schwarz bin“, erzählt sie. Zwar hatte sie noch viele weitere Ideen für die Zukunft, Sängerin, Jazzmusikerin oder Malerin wollte sie zwischenzeitlich mal werden. Irgendwann hatte Anne aber den passenden Beruf für sich gefunden – Journalistin. „Das ist perfekt“, dachte sie. „So kann ich mich mit allem, was mich interessiert beschäftigen, ohne es alles selbst machen zu müssen.“ Sie studierte in Ansbach Multimedia und Kommunikation. Schon währenddessen kam sie ihrem Kindheitstraum näher. Für ein Studentenprojekt trat sie als Moderatorin auf und begeisterte die Leute. So ergaben sich weitere Aufträge und Anne war sicher, dass sie auf dem richtigen Weg war. Nur an welchem Ort sie weitermachen wollte, war ihr noch nicht ganz klar. Eigentlich hatte die gebürtige Nürnbergerin sich vorgestellt, für immer in Bayern zu bleiben. „Mein ganzer Lebenslauf ist weiß-blau kariert“, sagt sie lachend. Doch als es sie für einige Monate nach Montreal verschlug, fühlte sie sich dort überraschend heimisch. Mehr als in ihrerbayerischen Heimat und sie wollte am liebsten gar nicht mehr weg. Doch der Aufwand das Studium in Kanada fortzuführen, sei zu groß gewesen und so entschied sie sich doch zurückzukehren. Sie suchte in Deutschland nach einer Stadt, die ihr etwas vom „Montrealgefühl“ vermitteln konnte und fand Hamburg.  Als sie nach einer Aufgabe für sich in der Hafenstadt suchte, stieß sie auf den NDR. „Den Sender kannte ich bis dahin gar nicht. In Bayern schauen doch alle nur BR“, erzählt sie amüsiert. Auch ihre Bewerbung auf ein Volontariat beim Sender, nahm sie anfangs noch nicht ganz ernst. „Die Voraussetzungen waren so illusorisch in meinen Augen. Ich habe mich mit meiner Mama richtig gekringelt vor Lachen als ich die Anforderungen sah.“ Große Chancen rechnete sie sich nicht aus, auch als sie dann zum Vorstellungsgespräch ging. Am Ende aber klappte es: von hunderten Bewerbern erhielt Anne einen der wenigen begehrten Plätze.Und war richtig stolz auf sich. Während der Zeit beim Sender blieb sie sich treu und versuchte auch Themen voranzubringen, die im deutschen Fernsehen weniger präsent sind. Etwa mit einem Beitrag, über die NSÜberlebende Afrodeutsche Marie Nejar. Mit ihren Ideen musste Anne sich dort teils erst einmal durchsetzen. Sie findet zwar, dass die Medien sich heute mehr um Vielfalt bemühen, aber oft fehle noch der „vielfältige“ Blick. „Ich denke, so etwas ist doch auch für ein weißes Publikum interessant. Viele wissen doch gar nicht, dass schon seit so langer Zeit Schwarze hier leben“, meint sie. 2014 brachte Anne dann ihr Buch „Anleitung zum Schwarz sein“ heraus. Dieses hat sie explizit für ein schwarzes Publikum geschrieben, denn ihr war aufgefallen, dass viele Schwarze mit negativen Selbstbildern leben. Zu stark würden schlechte Bilder prägen, die durch Medien verbreitet werden und in der Gesellschaft verankert sind. Ihr hat der Kontakt zur Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) geholfen, diese aufzubrechen. Doch sie selbst habe sowieso viel Glück gehabt und wenig Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe erfahren. Während ihrer Zeit im Norden fühlte sie sich daher als Süddeutsche weitaus mehr diskriminiert als als Schwarze. Mit ihrem fränkischen Akzent etwa konnte sie keine Beiträge für den Sender sprechen. Annes Umgang mit Witzeleien über die süddeutsche Herkunft? Sie sei noch mehr zur Bayern-Patriotin geworden, gesteht sie augenzwinkernd. Dirndl, Oktoberfest, Bayern-Stammtisch und natürlich der Bayerische Rundfunk wurden in Hamburg wieder wichtiger für sie. Und so wird man sie wohl bald wieder im Süden antreffen. Hoffentlich auch vor der Kamera, sodass sie ein Vorbild für junge Schwarze sein kann. Denn in der Rolle als Moderatorin fühlt sie sich pudelwohl und sagt: „Das ist ein Teil von mir.“

Autorin: Katja Musafiri

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